Von meinem Vorhaben, mich in dieses Abenteuer zu wagen, wussten nur ganz wenige. Zum einen meine Frau, mein Sohn, der ja mit seinem Münzwurf dafür gesorgt hat, dass es überhaupt dazu kam und meine Schwiegereltern, auch wenn mein Schwiegervater nicht verstehen konnte, wie man sich freiwillig für so etwas anmelden kann geschweige denn dafür noch Geld bezahlt und zum anderen meinen beiden innig geliebten Betreuer von der Spionageabwehr des Militärischen Abschirmdienstes (MAD). Ich will mir ja nicht später einmal von denen anhören müssen, dass ich sie auf die Frage, was denn mein nächster Sportwettkampf sei, angelogen hätte und darüber dann viele Seiten in meiner Akte stehen!!
Schon im gesamten Monat Mai habe ich mir ständig Gedanken darüber gemacht, ob das Vorhaben nicht besser für einen späteren Zeitpunkt aufgehoben werden sollte, da mir die Nachwirkungen meiner Mandel-OP doch erheblich mehr zugesetzt haben und immer noch zusetzen als ich je angenommen hätte und meine eigene Leidensfähigkeit zwar groß, aber dennoch nicht unbegrenzt ist. Aber am Ende hat die Tatsache, dass ich ja auf keinen Fall meinen Sohn enttäuschen wollte und seinem Münzwurf widerspreche, gesiegt. Wie mir während meines “Rennens” häufiger durch den Kopf ging, war mein Glück, dass der Münzwurf nicht aussagte, dass ich die 100km beenden muss, sondern nur teilnehmen. Ab und an helfen einem Spitzfindigkeiten erheblich weiter 😉
Aber jetzt alles der Reihe nach. Die Anreise nach Biel erfolgte nach dem Just-In-Time Prinzip. Nachdem meine Frau und mein Sohn lieber im Hotel in der Nähe des Flughafens Zürich bleiben wollten, da so die Reisestrapazen meines Sohns minimiert werden konnten. Gegen 18:45, mein Sohn war schon eingeschlafen, machte ich mich dann auf den Weg nach Biel und hatte noch an das wichtigste Utensil gedacht, welches ich unbedingt mitnehmen wollte – meine Zahnbürste, damit ich irgendwann im Laufe der Stunden meinen Zähnen einen neuen Geschmack einhauchen könnte.
Startnummernausgabe war bis 21 Uhr möglich und mit noch knapp 30 Minuten Zeitpuffer hatte ich diese dann in Empfang genommen und es ging zurück zum Mietwagen, damit ich mich in mein Rennoutfit zwängen konnte. Zu diesem Zeitpunkt habe ich dann das erste Mal mein gesamtes Rennoutfit angehabt und das erste Mal seit ca. vier Jahren meinen Trinkrucksack wieder verwendet und musste feststellen, dass man die abgestandene Luft darin nicht geschmeckt hat 🙂
Da es auf der Strecke nur Pepsi gibt, gab es noch schnell eine Flasche kühles Coca Cola und ich nahm im Startbereich Platz und begann auf den Startschuss um 22 Uhr zu warten. Im Gegensatz zu so ziemlich jedem anderen Wettkampf, hab ich überhaupt keine Nervosität verspürt, was an für sich immer ein schlechtes Zeichen ist. Ein mulmiges Gefühl hatte ich dennoch, was nicht nur am nicht vorhandenen Training lag, sondern auch am Wetterbericht, welcher stundenlangen Regen vorausgesagt hat. Das war nicht wirklich etwas, was ich hätte haben wollen.
Um Punkt 22 Uhr erfolgte der Startschuss und das Abenteuer ging los.